Rassehundezucht ist unverzichtbar für die Befriedigung der gesellschaftlichen Nachfrage nach Diensthunden, Gebrauchshunden, Sporthunden oder einfach nach einem Vierbeiner als Familienpartner. Rassehunde sind Markenartikel, die durch ihre unverwechselbaren „rassetypischen“ Eigenschaften gekennzeichnet sind.

Der Charakter oder das Wesen ist eine im Standard des Deutschen Schäferhundes hinterlegte Eigenschaft, die in ihren Grenzen das Produkt neben vielen anderen Kenngrößen als „typisch“ charakterisiert. Die in der Wesensbeurteilung getroffenen Aussagen und Anforderungen dienen vorrangig dem Nachweis umweltsicherer und gesellschaftsverträglicher Hunde. Sie werden aber auch als Ergänzungsprüfung für unsere Gebrauchshundeanforderungen herangezogen. Die Wesensbeurteilung umfasst die Feststellung von Verhaltenseigenschaften des Hundes, die sich auf der Grundlage erblicher Anlagen unter dem Einfluss der bereitgestellten Aufzucht-, Entwicklungs- und Haltungsqualitäten offenbaren.

Warum brauchen wir eine Wesensbeurteilung?

Unsere Gesellschaft übt zunehmend Kritik und einen starken Druck auf Hundezüchter, Hundehalter und Rassehundezuchtvereine aus. Es wird immer häufiger über Rasseverbote für gefährliche Hunde, gewissenlose Hundezüchter und Hundeausbilder diskutiert. Immer wieder kommt es auch zu verheerenden Beißvorfällen mit Hunden. Die zugrunde liegende Angst, die zum größten Teil Auslöser und Ursache für diese Diskussionen und Forderungen ist, muss sehr ernst  genommen werden. Sinnvolle Maßnahmen müssen getroffen werden als Zeichen, dass man die Situation wahrnimmt und Lösungen und Entgegenkommen schaffen will.

In der heutigen Zeit sind wesensfeste Hunde mit einem stabilen Nervenkostüm ohne übersteigerte Aggressivität gefordert. Die Hunde müssen den stetig wechselnden Ansprüchen in ihrem sozialen Umfeld adäquat begegnen können. Der Verein setzt sein Anliegen, das Wesen unseres Hundes in seiner grundsätzlichen Bedeutung in den Vordergrund zu stellen und seine Einflussgrößen prüfbar zu machen, mit dem vorliegenden Konzept der Wesensbeurteilung um.

Und dies vor allem deshalb, um sein kynologisches Bemühen und Arbeiten besonders danach auszurichten, das Ursachengefüge unerwünschter Verhaltensweisen und von Verhaltensstörungen, sogenannter Wesensmängel, zu durchschauen und ihre Entstehung im Sinne tier- und gesellschaftsgerechter Hundehaltung vermeiden zu helfen. Wir tragen die Verantwortung, die heutigen Erkenntnisse der biologischen  Verhaltensforschung zum Wesen des Hundes in unserem Verein anzuwenden und das in der Kynologie vorhandene Wissen zu berücksichtigen.

Ein Ergebnis aus Erbgut und Umwelt

Die wesentlichen Leitgedanken sind dabei die Anwendung der Erkenntnisse der biologischen Verhaltensforschung zum besseren Verständnis des Hundes, seines Verhaltens und seiner Verhaltensentwicklung. Wichtig ist hierbei die Betrachtung des Wechselspiels zwischen angeborenen und erworbenen Anteilen der Verhaltenssteuerung sowie zwischen Angst und Aggressivität. Es gibt heute keinen Zweifel mehr daran, dass das Wesen eines Hundes nicht etwa überwiegend genetisch festgelegt ist. Es ist vielmehr das fließende Ergebnis aus vielfältigen Wechselwirkungen zwischen den erblichen Grundlagen und den jeweiligen natürlichen, sozialen und zivilisatorischen Umweltbedingungen. Vererbt werden also nur Wesensgrundlagen. Das Wesen wird nicht vererbt, sondern es entwickelt sich immer erst unter den Bedingungen der Umwelt auf der Grundlage genetischer Vorgaben. Die erbliche Grundlage besteht  nicht aus eigenen Wesens- oder Verhaltensgenen, sondern aus Genen, die gemeinsam den Aufbau des Organismus und der Verhaltensgrundlage bewirken. Das bedeutet, ein und dieselben Gene nehmen ihren Einfluss auf die Vererbung von Körper- und Verhaltensmerkmalen. 

Wie setzt sich das Wesen zusammen?

Wesen ist – auch wenn man den notwendigen Umwelteinfluss bei dieser Betrachtung zur Vereinfachung wegließe – für sich alleine nicht züchtbar. Unsere Hunde besitzen sogenannte angeborene Regulationsmechanismen. Sie bestehen in der angeborenen Fähigkeit, lernen zu können. Mit den verschiedenen angeborenen Strategien des Erfahrungsgewinns ist es dem Hund möglich, sein Verhalten an den vorgefundenen Bedingungen seiner „persönlichen“ Umwelt aktuell vervollständigen zu können. Lernen ist also nicht etwas Verfälschendes oder Überdeckendes, sondern es komplettiert das angeborenermaßen dafür Offene und Unvollständige. Lernen, vor allem prägendes und prägungsähnliches, lässt also erst das Wesen entstehen. Das Wesen des Hundes ist das Ergebnis eines dynamischen Entwicklungsprozesses zwischen Erbgut und Umwelt. Ungünstige Umweltdefizite kann man nicht durch Züchtung ausgleichen. Hunde, die ihr angeborenermaßen für Lernen offenes Verhaltensprogramm nicht komplettieren können, entwickeln völlig naturgemäß ein mehr oder weniger gestörtes Verhalten.Der Verein unterstützt künftig seine Mitglieder nicht nur dabei, dem Hund eine Arbeitsleistung einer BH/IGP zu vermitteln. Mit der Wesensbeurteilung wollen wir Hundehalter animieren, dafür zu sorgen, dass unserem Hund nichts von dem vorenthalten wird, was er naturgemäß zur gesunden Entwicklung seines Verhaltens und Wesens braucht (Kaspar-Hauser-Effekt). Gleichermaßen darf ihm aber auch nichts Naturwidriges zugemutet werden, was die Entwicklung seines Wesens schädigen könnte. Erfahrungsentzug bzw. Überforderung führt zu Angst- bzw. Aggressionsverhalten.Das Zusammenleben mit dem Menschen hat sich geändert und an diese geänderten Bedingungen sind unsere Hunde heranzuführen. Die Bereitschaft des Welpen zur sozialen Annäherung oder zur Auseinandersetzung mit der Umwelt hängt entscheidend von seinen Vorerfahrungenwährend der Aufzucht sowie von den bis dahin gereiften und erworbenen Bewältigungsstrategien und der Erfüllung seiner natürlichen Sozialbedürfnisse ab. Ohne die richtigen Aufzucht- und Entwicklungsbedingungen kann unser Hund von sich aus nicht zeigen, was genetisch wirklich in ihm steckt und somit tragen wir Menschen die Verantwortung dafür, was aus ihm nicht werden konnte. 

Was sind die Bestandteile der Wesensbeurteilung?

Bei einer Wesensbeurteilung werden das Verhalten und dessen Flexibilität eines Hundes durch die Konfrontation mit verschiedenen Reizen, die ein bestimmtes Verhalten auslösen oder provozieren können, erfasst. Durch das Verhalten während der gesamten Beurteilung kann auf das Wesen des Hundes geschlossen werden, mit dem Ziel, den Hund auf seine Eignung für das Zusammenleben mit dem Menschen in der heutigen Umwelt möglichst objektiv zu überprüfen.

Der geprüfte Hund sollte nicht in Unterordnung geführt werden. Kommandos sind auf das Nötigste zu beschränken. Aus diesem Grund sind Leistungsprüfungen (BH, IGP usw.), wo in erster Linie erlerntes und konditioniertes Verhalten geprüft wird, kein Ersatz für eine Wesensbeurteilung. Die Wesensbeurteilung erfolgt in folgenden Kategorien:

Unbefangenheit 
Der Hund sollte sich von seinem Hundeführer an verschiedenen Körper- stellen und auch von einer fremden Person, z.B. Richter, anfassen lassen.

Sozialverhalten
Interaktion mit Menschen, Einzelpersonen, Gruppen.

Geräuschempfindlichkeit
Hier wird der Hund unterschiedlichen akustischen Reizen, wiez.B. Rasseln, Geräuschquelle Motor und als höchste Belastung der Schussprobe ausgesetzt.

Bewegungssicherheit
Höhenempfindlichkeit (z.B. beurteilt anhand von Bewegungsverhalten auf Tischen) sowie die Beurteilung auf glattem Boden.

Spiel- und Beutetrieb/Verhalten unter Belastung
Die Beurteilung erfolgt beim Spiel des Hundes mit seinem Besitzer (Teamwork), mit einer fremden Person (Beauftragter), zusätzlich wird die Intensität an blockierter Beute (Finderwille) sowie die Spielbereitschaft unter erhöhten Anforderungen (Wackeltisch) beurteilt. Nur ein Hund, der sich in seiner Umgebung wohlfühlt und mit der Situation zurechtkommt, kann spielen.

Grundwesen 
Verhalten bei der Vereinsamung und Begegnung mit einer fremden Person.

Wie verläuft die Beurteilung?

Die Beurteilung des Hundes erfolgt zum einen durch die genaue beschreibende Bewertung des jeweiligen Verhaltens (deskriptiv) und zum anderen durch Bonitätszahlen. Ausschlaggebend sind hier nicht allein die Reaktionen des Hundes, sondern wie und mit welchen Bewältigungsstrategien der Hund mit den einzelnen Situationen umgeht.

Der Beurteiler hat verschiedene Möglichkeiten, ein Beurteilung abzubrechen. Die einzelnen Gründe, die zum Abbruch führen, finden Sie in den Durchführungsbestimmungen zur Wesensbeurteilung.

Wie sind die Durchführungsbestimmungen?

Zu einer Wesensbeurteilung/ZAP werden nur Deutsche Schäferhunde zugelassen. Die Wesensbeurteilungen werden nur an Wochenenden, analog dem bereits bekannten Prüfungswesen durchgeführt. Maximal können 12, jedoch müssen mindestens 4 Hunde an einem Prüfungstag eine Wesensbeurteilung absolvieren. Freitag zählt als ein halber Prüfungstag, an dem maximal 6 Hunde teilnehmen können. Der Freitag allein als Prüfungstag ist nicht zulässig.

Zugelassen sind Hunde im Alter vom 9. bis zum vollendeten 13. Lebensmonat. Für den Fall, dass ein Hund die Wesensbeurteilung aus triftigem Grund nicht im vorgegebenen Alter absolviert hat kann die Wesensbeurteilung unabhängig vom Alter nachgeholt werden (Seiteneinsteiger). Dies gilt auch für die im Ausland gezüchteten oder älter erworbenen Hunde, die der deutschen Zucht zugeführt werden sollen. Dies ist allerdings nur auf Antrag mit einer gebührenpflichtigen Sondergenehmigung durch die Hauptgeschäftsstelle möglich.

Antrag zur Sondergenehmigung für die Teilnahme an der Wesensbeurteilung für ältere Hunde

Die Meldegebühren und die Gebühren für die Sondergenehmigung finden Sie in der Gebührenübersicht.

Die Wesensbeurteilung kann bei negativem Ergebnis einmal wiederholt werden. Die Bestimmungen dazu finden Sie den Durchführungsbestimmungen zur Wesensbeurteilung. Die Wiederholer werden als solche in den Unterlagen der Beurteilung für den Beurteiler gekennzeichnet. Von jedem geprüften Hund wird ein Protokoll erfasst, das dem Besitzer mitgeteilt und übergeben wird. Das Datenblatt enthält Angaben über das Alter des Probanden, das Geschlecht, den Pflegezustand, Haltungsbedingungen und den zukünftigen Verwendungszweck. Die Wesensbeurteilung wird in der Ahnentafel eingetragen und der Eigentümer des Hundes erhält den erstellten Beurteilungsbogen. Die erzielten Beurteilungen werden in SV-DOxS veröffentlicht. Für die Veranstalter stellt der Verein das Programm „SV-Wesensbeurteilung“ analog zum Körprogramm zur Verfügung. Damit entfällt das zeitaufwendige Erfassen der Meldungen und das Erstellen der Unterlagen.

Der alternative Weg in die Zucht - ZAP

In der Vergangenheit wurden die mentalen Eigenschaften unserer Zuchttiere oftmals nur unzureichend beschrieben. Als Maßnahme zur mittel- bis langfristigen Verbesserung der Wesenseigenschaften unserer Hunde hat die Bundesversammlung für alle Deutschen Schäferhunde mit einem Wurftag ab dem 01.07.2017 eine Wesensbeurteilung (WB) als einen Teil der Zuchtzulassung für unsere Rasse verbindlich eingeführt. Das Verhalten des Hundes ist ein sehr wichtiger Bereich, der neben der Gesundheit und dem Rassetyp untersucht/nachgewiesen sein muss, bevor der Hund die Erlaubnis erhält, an der Zucht teilzunehmen.

Mit der Einführung der Zuchtanlagenprüfung (ZAP) haben wir nun die einmalige Chance, alle Qualitätsmerkmale des Hundes auch in einer Datenbasis zu hinterlegen und diese künftig vor allem den Züchtern zur Verfügung zu stellen.

Bei der WB/ZAP werden Spitzen im negativen Sinn herausgefiltert und besonders positive Hunde hervorgehoben. Die bei der WB/ZAP getroffenen Aussagen und Anforderungen dienen vorrangig dem Nachweis umweltsicherer und gesellschaftsverträglicher Hunde. Sie werden aber auch als Ergänzungsprüfung für unsere Gebrauchshundeanforderungen herangezogen. Die ZAP dient somit der Feststellung von Verhaltenseigenschaften des Hundes, die sich auf der Grundlage erblicher Anlagen unter dem Einfluß der bereitgestellten Aufzucht-, Entwicklungs- und Haltungsqualitäten offenbaren. Das Wesen in seiner Vielfalt und Breite ist ein herausragendes Qualitätsmerkmal unserer Rasse.

Mit der Einführung der ZAP will der Verein sicherstellen, dass sich jeder Hundehalter adäquat mit seinem Vierbeiner bereits in den Sozialisierungs- und Prägungsphasen beschäftigt und dafür sorgt, dass seinem Hund nichts von dem vorenthalten wird, was er naturgemäß zur gesunden Entwicklung seines Verhaltens und Wesens braucht. Gleichermaßen darf ihm aber auch nichts Naturwidriges zugemutet werden, was die Entwicklung seines Wesens schädigen könnte. Erfahrungsentzug bzw. Überforderung führen oftmals zu Angst- bzw. Aggressionsverhalten.

In der nun standardisierten Wesensbeurteilung werden die Bereiche Unbefangenheit, Sozialverhalten, Geräuschempfindlichkeit, Bewegungssicherheit, Spiel- und Beutetrieb/ Verhalten unter Belastung und Grundwesen geprüft und beschrieben.

Eine Verbindung aus einem deskriptivem (beschreibend) und einem internen Punktesystem oder Notensystem bietet dazu den Vorteil einer besseren Kontrolle und Bewertung des jeweiligen Hundes.

Zuchtanlagenprüfung im Verein für Deutsche Schäferhunde (SV) e.V. (Arbeitsteil)

Einhergehend mit der Einführung der Wesensbeurteilung hat der Verein seit 2018 auch, erstmalig in der SV-Geschichte, eine eigenständige Prüfungsordnung entwickelt, die  alternativ zur FCI-Prüfungsordnung (IGP) für den Züchter einen zweiten Weg zur Zuchtzulassung bietet.

Die ZAP kann analog zur IGP ab 18 Monaten abgelegt werden.

Der Arbeitsteil der ZAP gliedert sich in die Bereiche Nasenarbeit in den vom Hundeführer wählbaren Varianten Fährten- oder Stöberarbeit, Gehorsams- und Verteidigungsübungen.

Die Bewertungsgrundsätze:
Der Schwerpunkt der Bewertung liegt auf der Art und Weise, wie der Hund mit seinem Hundeführer agiert sowie den Fähigkeiten und Anlagen des jeweils zu beurteilenden Hundes.
Bei der Bewertung des Hundes geht es nicht um exakter, höher, schneller oder weiter!
Die Beschreibung des Hundes erfolgt adjektivisch.
Das Urteil pro absolvierter Abteilung sowie das Gesamtergebnis lautet bestanden oder nicht bestanden. (Neu in der Kynologie: Die bisherige Bewertung mit einer Punktzahl entfällt.)

Sind die drei Einzelabteilungen bestanden wird das Kennzeichen ZAP zuerkannt.

Das Ziel der neu eingeführten ZAP ist die Vielseitigkeit in der Rasse und die vorhandenen Gebrauchshundeeigenschaften zu erhalten und zielgerichtet zu fördern.

Das schwerpunktmäßige Ziel lautet dabei: Zucht auf Gesundheit (Exterieur), Talent und Verhalten!